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  Baumann

Arzneimitteldepots

Textilfasern als Arzneimitteldepot

Stoffe werden heute zum Einsatz gegen unliebsame Moleküle aufgerüstet. Neben dem Ciba-Geruchshemmer zählen neuerdings auch ringförmige Zuckermoleküle zum ultimativen “right stuff". Auch sie weisen körpereigenen Schweiß in seine Schranken. Vom Deutschen Textilforschungszentrum Nord-West wurden 100 T-Shirts mit den Zuckermolekülen imprägniert. Ein 72stündiger Trageversuch ergab einen wesentlich besseren Geruch. Fazit: Mit Zucker fängt man kleine Stinker.
Und noch mehr: Diese sogenannten Cyclodextrine, dauerhaft auf Faseroberflächen fixiert, können in ihrem inneren Hohlraum eine Vielzahl organischer Substanzen einschließen. Die Wissenschaftler erzielen damit völlig neue Gebrauchseigenschaften von Textilien. Cyclodextrine machen Stoffe antistatisch und schmutzabweisend. Das Besondere an ihnen ist, dass sich verschiedene Wirkstoffe in sie einbringen lassen, etwa Cortison oder Anti-Pilz-Mittel. Wie in einem Käfig werden diese Substanzen von diesen Molekülen eingeschlossen und nach und nach abgegeben. Textiles Outdoor-Equipment wird verwitterungsfest. Keine Utopie: Gewebe können so auch mit pharmazeutischen Wirkstoffen angereichert werden, die zur Unterstützung einer medizinischen Therapie, zum Beispiel bei Allergien oder Neurodermitis, dosiert freigesetzt werden - alles Gute kommt aus dem T-Shirt. Die Moleküle werden als eine Art Depot auf die Textilfaser aufgebracht und mit Pflegemitteln oder Medikamenten beladen. Der Wirkstoff wird dann beim Tragen nach und nach abgegeben. Erst im Kontakt mit der Haut werden die Substanzen durch Körperwärme, Feuchtigkeit oder Reibung freigesetzt.

So eignen sich besonders Unterwäsche und Strümpfe, Schlafanzüge, Bettwäsche, Handschuhe und Mützen, um Wirkstoffe gegen Neurodermitis oder Schuppenflechte, Fußpilz oder Kopfläuse zu speichern. Die Substanzen müssen nicht mehr geschluckt, injiziert oder aufgetragen werden, sie gelangen über die Kleidung in die Haut - Medizin zum Anziehen. So soll mit Aloe Vera ausgerüstete Bettwäsche für den Feuchtigkeitsnachschub in der Haut sorgen. Ginkgo wird wegen seiner durchblutungsfördernden Wirkung bevorzugt im Strumpfbereich eingesetzt. Eine durchdringende Wirkung haben auch T-Shirts mit Vitamin C und E.

Weil jedes Textilmaterial von Leinen bis Wolle mit Cyclodextrinen beschichtet werden kann, scheinen therapeutische Handschuhe für allergiekranke Friseure ebenso machbar wie Spezialsocken für Pilzgeplagte. Und die Möglichkeiten der Biofunktionstextilien beschränken sich nicht auf Hauterkrankungen, lassen sich doch die Polymere mit den unterschiedlichsten Arzneistoffen beladen. Es ist denkbar, den Weg über die Haut zu nutzen, um im Organismus einen bestimmten Medikamentenspiegel zu erreichen.

Schmerzmittel für chronische Rheumapatienten, Hormonpräparate nach den Wechseljahren - eines Tages, so die Hoffnung der Forscher, können die Substanzen gezielt von der Kleidung auf den Körper übertragen werden. Wirklichkeit geworden ist bereits das vitaminbeladene T-Shirt. Die japanische Firma Fuji Spinning hat eine Faser entwickelt, die bei Hautkontakt Vitamin C freisetzt. Das T-Shirt (Markenname: "V-up") enthält soviel Vitamin C wie zwei Zitronen und soll auch nach 30 Maschinenwäschen noch als Vitaminquelle dienen. Der wirksame Stoff ist in der Faser als Provitamin, als Vorläufersubstanz, gebunden. Erst bei Berührung mit der Haut entsteht daraus tatsächlich Vitamin C. "Das Shirt ist jedoch nicht mehr als ein netter Gag und nur im asiatischen Raum zu haben", schränkt ein Textilforscher ein. "Wer regelmäßig Obst isst, nimmt die Vitamine schneller zu sich."

Bei Hautpflegemitteln komme es nicht so genau auf die Dosierung an, sagt Buschmann. Bei Medikamenten gegen viele Krankheiten ist dies aber anders. Die Cyclodextrine müssten solche Wirkstoffe also in genau festgelegter Menge freisetzen. Bisher ist es Wissenschaftlern noch nicht gelungen, dieses Dosierungsproblem zu lösen. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass es in Kürze die "Therapie zum Anziehen" gegen solche Krankheiten geben wird. Aber noch aus einem weiteren Grund, ist die Chance, dass solche heilenden Textilien bald in unseren Kleiderschränken hängen werden, gering: Jedes dieser Kleidungsstücke müsste erst arzneimittelrechtlich zugelassen werden. Das ist eine teure und aufwändige Prozedur.

Cyclodextrin

Wie eine Tasse umgibt das Cyclodextrin einen Wirkstoff

Cyclodextrin

Ähnliche Effekte lassen sich durch Medikamente, Duftstoffe und z.B. Biozide erzielen, die in Mikrokapseln eingeschlossen und auf Textilfasern aufgetragen sind.

Ziel eines aktuellen Forschungsvorhabens ist die Entwicklung einer regulierbar Therapeutika freisetzenden Wundauflage zur Behandlung chronischer Wunden, der aus dem natürlichen Rohstoff Zellulose besteht. Unterschiedliche Zellulosetypen (Viskose, Mull, Baumwolle) wurden oxidativ vorgeschädigt, um durch zusätzliche Meniskenbildung eine erhöhte Aufnahmekapazität für flüssiges Madensekret zu erzielen. Weiterhin wurden mikrobieller Zellulosefilm, -gel sowie zellulosische Kapillarhohlmembranen (Hohlfilamente) als Wirkstoff-Depotstrukturen untersucht. Mit Zellulase sollte eine sekundäre Depolymerisation und Auflösung erfolgen. Die zellulosischen Hohlfilamente stellten sich als beste textile Depotstruktur mit ausreichend hoher Reservoir-Aufnahmekapazität für flüssige Therapeutika heraus. In Ihnen gelang die Einbindung, Trocknung, Lagerung und erneute Freisetzung von Wirkstoffen und Madensekret. Je nach Wirkstofftyp war es möglich, die Freisetzung zeitlich zu steuern. Die Steuerung der Wirkstofffreisetzung erfolgte durch Zersetzung der Hohlfilamentwand mit dem Enzym Zellulase, welches die Hohlfilamente vollständig auflöste. Dabei konnte eine spontane Wirkstofffreisetzung im Sinne des so genannten burst effects vermieden werden. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass sich Hohlfilamente als Depotstruktur grundsätzlich auch für andere Substanzen und Wundtherapeutika eignen. Ein Gewebe aus Hohlfilamenten wurde als Prototyp einer selbst auflösenden Wundauflage gefertigt, der aus Wirkstoffhaltigen Kettfäden und Zellulasehaltigen Schussfäden bestand. Im flüssigen Milieu (wie Wundsekret) löste sich dieser Wundauflagen-Prototyp vollständig auf und setzte den eingebundenen Wirkstoff frei. Damit wurde ein grundlegendes Prinzip der regulierbar Therapeutika freisetzenden Wundauflage erfüllt: Sie setzt eingebrachtes Madensekret und andere Therapeutika nach Trocknung und Lagerung reguliert über einen bestimmten Zeitraum frei und löst sich unter Befeuchtung selbständig und vollständig auf.
Einzelkomponenten wie Spektrometer, Lichtquellen und Lichtleiter wurden getestet und die Gerätekonfiguration für eine kontaktfreie Lichtleitersonde mit Vis- Doppel- Spektrometermodul aufgebaut, Auswerteverfahren wie die Korrektur der Hintergrundbeleuchtung und eine Bedien- und Auswerteoberfläche für spektrale Daten bereitgestellt. Erfolgreich optimiert wurde der Wundheilungsverlauf von Patienten mit diversen Therapieformen (Madentherapie mit Biobags oder konventionell).

Quelle: http://www.hohenstein.de/ximages/32500_fbwundaufl.pdf (2.5.2006)